Schimmelpilze in der Raumluft messen?
Unsere Kunden fragen bei der Begutachtung von Schimmelschäden immer wieder auch nach Schimmelpilze in der Raumluft messen. Zur Raumluftmessung auf Schimmelpilze ist folgendes zu sagen: Eine fachlich qualifizierte Gefährdungsbeurteilung braucht keine aktive Luftmessung. Bei vorhandenen sichtbaren Schimmelpilzquellen oder feuchten Verdachtsstellen für mikrobiellen Befall gelingt dies im Regelfall bereits auf der Basis der Ergebnisse mikrobiologischer Untersuchungen direkt an den betreffenden Flächen. Für eine Gefährdungsbeurteilung die Schimmelpilze in der Raumluft messen bietet für den Großteil der Fallzahlen in der Schimmelpilzproblematik ein ungünstiges Kostenaufwand-Nutzen-Verhältnis auf.
Technische Raumluftmessungen liefern kurze Momentaufnahmen
Dies aus folgendem Grund: Schimmelpilze an Befallsstellen geben Sporen nicht gleichmäßig an die Luft ab. Selbst bei großflächigem Pilzbefall werden immer wieder nur „geringfügig erhöhte“ oder sogar „völlig unauffällige“ Raumluftbelastungen messbar sein. Verschiedene Schimmelpilze haben überdies völlig unterschiedliche Neigungen zur Freisetzung von Sporen in die Luft. Der momentane Wachstumszustand und die Feuchtigkeit der Wachstumsunterlage beeinflussen die Sporulationsaktivität maßgeblich.
Pilze haben unterschiedliche Neigungen zur Sporenabgabe in die Luft
Die i.d.R. von Beginn der Koloniebildung an grünlich-braun bis schwarz gefärbten Cladosporium-Pilze z.B. zeichnen sich generell durch eine eher geringe Neigung zur Sporenfreisetzung in die Luft aus. Demgegenüber geben die meisten der – zumindest anfangs – „bunt“ gefärbten Spezies Sporen in großer Zahl in die Luft ab. „Bunt“ gefärbte Pilze sind z.B. die sehr weit verbreiteten Gattungen Aspergillus und Penicillium. Lüftungsvorgänge haben darüber hinaus einen großen Einfluss auf die momentane Hygienesituation im Innenraum. Ein erheblicher Teil der primär luftgetragenen pilzpartikulären Luftinhaltsstoffe findet sich bald in sedimentierten Hausstäuben wieder, die jederzeit, bereits bei leichten Luftbewegungen und Erschütterungen, wieder aufgewirbelt werden. Sporenbelastete Hausstäube können beim Aufwirbeln die raumlufthygienische Situation kurzfristig stark beeinflussen.
Die klassische Luftmessung ist im Regelfall unwirtschaftlich
Technische Raumluftmessungen sind also sehr kurze Momentaufnahmen, die deshalb auch keine Aussage über die wahre Exposition im Wohnalltag / Nutzeralltag liefern können. Bei Vorhandensein von Schimmelpilzbefallsstellen im Innenraum kann man anhand der Ergebnisse von Luftmessungen auf Pilze weder Aussagen
a) über die Höhe der Raumluftbelastung in zurückliegender Zeit
noch
b) über deren künftige Entwicklung treffen.
Aufgrund fehlender Dosis-Wirkungs-Beziehungen kann man die (bei Beachtung statistischer Grundregeln) aufwändig bestimmten Durchschnitts-KBE/m3 letztendlich ohnehin wieder nur halbquantitativ „gefährdungsskalieren“. Deshalb wird die Raumluftmessung in der guten Praxis vorzugsweise als Instrument zum qualitativen Schimmelpilznachweis (Feststellung der Pilz-Spezies / „befallstypischer“ Pilze) genutzt. Oder zur Feststellung der Art der Schimmelpilzquelle (z.B. am Bauteil gelegen ↔ nicht am Bauteil gelegen). Eine allgemeine Luftqualitätsprüfung aus gesundheitlichen Gründen ist ebenso möglich und sinnvoll.
Abgelagerte Hausstäube bergen sehr viel Information!
Die Verwendung klassischer Raumluftmesssysteme kann also auf besondere Aufgabenstellungen begrenzt werden. Wenn z.B. gesundheitliche Probleme bei Bewohnern / Nutzern auftreten. Oder geruchliche Auffälligkeiten bestehen, aber weder entsprechende Schimmelpilzquellen noch Verdachtsstellen hierfür erkennbar sind („ungerichteter Schimmelverdacht“). Sporen, die in Innenräumen von Schimmelpilzquellen an die Raumluft abgegeben werden, sedimentieren mit der Zeit auf Oberflächen und reichern sich nach und nach im Hausstaub an. Man kann sie dort vergleichsweise leicht feststellen. Dies gelingt z.B. mittels Abklatschbeprobung oder lichtmikroskopischer Verfahren. Siehe hierzu auch https://www.advisan.net/schimmeltest-zum-selbst-testen/. Die Prüfung des Sporengehaltes und der Verteilung der Pilzsporen-Typen im Hausstaub ist schnell, vergleichsweise kostengünstig und implementiert darüber hinaus in eine hygienische Bestandsaufnahme retrospektive Elemente.
Informationen zum Schimmelpilztest Mykofund finden Sie hier: https://www.advisan.net/schimmelpilztest-mykofund/
Weitere grundlegende Informationen zum Thema Schimmelpilztest: https://www.advisan.net/ und unter https://www.schimmelberatung-niedersachsen.de/informationsbeitrag-schimmelpilz-test/
Anmerkung: Der Autor ist promovierter Mikrobiologe und als Gutachter u.a. in Sachen Schimmel in Hannover und Niedersachsen tätig. Dr. Thomas Missel ist seit 2006 bei der IHK Hannover Öffentlich bestellt und vereidigt als Sachverständiger für Schimmelpilze und Feuchtigkeit in Innenräumen.